Dieses Projekt entstand im Rahmen meiner Weiterbildung zum Interaction Designer. Ich entwickelte ein Design für einen Radiowecker. Daran erforschte ich das Zusammenspiel von Produktdesign und Interaktiondesign bei einem technischen Gerät. Für die Visualisierungen nutzte ich mit «Cinema 4D» erstmals eine 3D-Grafiksoftware.
Produktdesign und Interaktionsdesign teilen eine grosse Schnittmenge. Vom Smartphone über den Mixer bis zur Fernbedienung – fast alle technischen Geräte, die wir im Alltag nutzen, ermöglichen oder verlangen eine Interaktion. Gutes Produktdesign integriert die Interaktion in die Formgebung und erlaubt eine intuitive, schnell erfassbare und verständliche Bedienung. Wenn ein Display eingebaut wird, muss auch die Softwareebene visuell zum Produkt passen und es sinnvoll in die digitale Dimension erweitern. Hier wird das Zusammenspiel von Interaktionsdesign und Produktdesign besonders spannend. Wenn die Hardware und Software gemeinsam entwickelt werden, lassen sich zugeschnittene Möglichkeiten für die Eingabe der Nutzer gestalten. Dies bringt eine neue Ebene in das Interaktionsdesign. Denn bei digitalen Produkten entwickelt man oft ausschliesslich für die Eingabe mit Maus/Tastatur oder Touchscreen und hat keine Kontrolle über die eigentliche Ausformung und Möglichkeiten Eingabegeräte.
Die Aufgabe war, ein Produkt zu entwerfen, mit dem eine einfache Interaktion möglich ist. Es sollte nicht so komplex sein wie ein Smartphone. Aber auch nicht so simpel wie ein Haartrockner. Beim Produktdesign war nur eine einfache Formgebung erwartet, ohne die Materialisieren und die technische Verarbeitung konkret zu benennen. Das Interaktionsdesign hingegen sollte eine gewisse Tiefe erreichen und gut durchdacht sein.
Ich entschied mich, einen Radiowecker zu gestalten, bei dem für jeden Wochentag eine eigene Weckzeit eingestellt werden kann. Dies aus einem eigenen Bedürfnis: Mein Radiowecker kann das nicht. Er lässt lediglich die Einstellung zu, dass er mich am Wochenende in Ruhe lässt. Jedoch: Samstags habe ich Schule. Wenn ich nun das Wochenende aktiviere, werde ich aber auch am Sonntag geweckt. Also: Einen Radiowecker, bei dem für jeden Wochentag eine eigene Weckzeit eingestellt werden kann.
Bei meiner Recherche fand ich einige Geräte, die dieses Bedürfnis erfüllen. Ich versuchte deren Stärken und Schwächen zu beurteilen. Dabei konzentrierte ich mich vor allem auf formale Aspekte, da es mir nicht möglich war, die Geräte zu testen. Ich umriss den Funktionsumfang meines Weckers und unterschied zwischen zwingenden Funktionen und optionale Features. In schnellen Skizzen suchte ich nach einer Form, die mir gefällt. Ich entschied mich für eine angeschnittene Kugel. Die Linienführung ist schlicht und klar. Weiche Rundungen werden mit dem harten Schnitt kontrastiert.
Ich definierte eine detaillierte Liste der Funktionen und strich dabei einige optionalen Features. Mit dieser Liste entwickelte ich die Bedienung. Das Gerät sollte mit möglichst wenig Knöpfen auskommen. Die Dimensionen des Geräts legte ich durch einfache Papierprototypen festen. Mit allen gewonnenen Erkenntnissen und getroffenen Entscheidungen konnte ich eine erste digitale schematische Zeichnung in Originalgrösse konstruieren. Ich achtete auf harmonische Proportionen und einen funktionalen Aufbau.
Mein 3D-Modell konstruierte ich in «Cinema 4D». Die Proportionen übernahm ich aus dem Entwurf und verfeinerte die Formgebung. Ich entwickelte das Modell parallel zum Interaktionsdesign. So hatten Problem und Entscheidung beim Erstellen des Modells und der Interaktivität wechselseitigen Einfluss aufeinander. Mit dem 3D-Modell konnte ich coole Renderings erstellen, die das Produkt sehr real und greifbar machen. Ich arbeitete zum ersten Mal mit einer 3D-Grafikswoftware und konnte von einem «Cinema 4D»-Kurs profitieren, den ich zeitgleich besuchte.
Für die Bedienung des Weckers habe ich zweit Tasten und ein Rad definiert.
Das Rad (1) lässt sich in zwei Richtungen drehen. Dabei könnte die Jog/Schuttle-Technologie verwendet werden, wodurch das Rad immer in die Null-Position zurückgeführt wird. Durch das Drehen kann durch verschiedene Menüs navigiert werden. Ausserdem dient es zum Einstellen der Lautstärke und von Weckzeiten. Das Rad kann zudem nach hinten gedrückt werden und dient so auch als Knopf. Dies wird verwendet, um eine Auswahl in einem Menü zu bestätigen. So aktiviert man auch die Snooze-Funktion.
Die grössere Taste (2), die weiter hinten positioniert ist, dient zum ein- und ausschalten. Auf sie drücke ich, wenn ich Radio hören – oder wenn ich damit aufhören möchte. Ausserdem schalte ich mit ihr den Alarm aus.
Die kleiner Taste (3) bringt mich in Einstellungsmenüs. Während der Navigation durch Menüs kommt man durch sie einen Schritt in der Menüstruktur zurück. Halte ich sie lange gedrückt, verlasse ich das Einstellungsmenü.
Neben den Bedienelementen gibt es ein weiters wichtiges Element im Design meines Weckers: Auf einem Ring um den Display werden die Wochentage auf ihre Anfangsbuchstaben reduziert dargestellt. Diese Buchstaben werden leuchten, wenn für den jeweiligen Tag ein Wecker gestellt wurde. Wenn der Tag nicht leuchtet, bedeutet dies (im logischen Umkehrschluss) dass man an dem Tag nicht geweckt wird. So behält man im Überblick, für welche Tage ein Wecker gestellt wurde. Dieser Ring ist nicht Teil des Bildschirms. Die Buchstaben werden physisch ausgestanzt und beleuchtet. In der Steuerung des Weckers beziehe ich diese Elemente allerdings mit ein und schaffe so eine Verbindung zwischen der Anzeige auf dem Display und der Hardware.
Ich entwickelte ein Design für die grafische Benutzeroberfläche auf dem Display des Radioweckers. Es zeigt, einige mögliche Interaktionen und wie durch Menüs navigiert wird. Um zu verdeutlichen, wie das Zusammenspiel von Software und Hardware funktioniert, ist auf meinem Prototyp die physische Anzeige der Wochentage abgebildet. Für die Gestaltung nutzte ich «Adobe XD».
In diesem Projekt konzentrierte ich mich auf die Formgebung des Produkts und die Konzeption der Interaktion. Wie das Produkt technisch umgesetzt werden könnte, welche Materialien und Technologien zum Einsatz kommen, spielte eine untergeordnete Rolle. Die Auseinandersetzung mit einem physischen Produktdesign war neu für mich und ich konnte entsprechend viele Erkenntnisse und Eindrücke gewinnen. Ich lernte, wie ich ein Interaktionsdesign für ein autonomes System mit individuellen Eingabe- und Anzeigemöglichkeiten gestalten kann und welche Chancen und Herausforderungen dies mit sich bringt.
Interaktionsdesign
UI-Design
Produktdesign
Adobe XD
Adobe Illustrator
Cinema 4D
Sven Adolph